© Julia Moraes

São Paulo, Brasilien

42.

Samuel Fischer Gastprofessor
2019/20

Bernardo Carvalho

In diesem Wintersemester ist der brasilianische Schriftsteller, Journalist und Dramatiker Bernardo Carvalho unser Gast. Carvalho, 1960 in Rio de Janeiro geboren, war zunächst journalistisch als Redakteur und Auslandskorrespondent für die brasilianische Tageszeitung „Folha de São Paulo“ in Paris und New York tätig. Als sein Posten aufgrund der brasilianischen Wirtschaftskrise gestrichen wurde, entschied er spontan, noch einige Monate in New York zu bleiben, um literarisch zu schreiben.

Mit Erfolg: 1993 erschien sein Debüt Aberração, eine Sammlung von Kurzgeschichten, die auf Anhieb für den wichtigsten Literaturpreis des Landes nominiert wurde. In diesem Band tauchen bereits die Leitmotive auf, die sich in vielen Varianten durch die 11 folgenden Romane ziehen: Geheimnisse, die es zu enthüllen gilt, Vergangenes, das die Gegenwart durchdringt, Dichtung und Wahrheit, die unentwirrbar verstrickt sind, das Spiel mit verschiedenen Perspektiven und Identitäten. Anders als in Frankreich, wo Carvalhos Werk von Anfang an übersetzt wurde, dauerte es in Deutschland bis 2006, als ihm sein fünfter Roman Nove Noites („Neun Nächte“) zum internationalen Durchbruch verhalf. Die Fiktion beruht auf einer wahren Geschichte, dem Schicksal des jungen amerikanischen Anthropologen Buell Quain, der sich während eines Forschungsaufenthalts bei den vom Aussterben bedrohten Krahô-Indianern im brasilianischen Urwald 1939 aus unerfindlichen Gründen und auf grausamste Weise das Leben nahm. Die Mischung aus dokumentarischem Reisebericht, kleiner Geschichte der Anthropologie und abenteuerlichem Bildungsroman wurde mit zwei der renommiertesten Preise für portugiesischsprachige Literatur ausgezeichnet. In den folgenden Romanen spannt Carvalho sein fiktives Universum immer weiter: In Mongólia führt er einen brasilianischen Diplomaten gegen seinen Willen von Schanghai über Peking in die Mongolei. In O sol se põe em São Paulo („In São Paulo geht die Sonne unter“) begibt sich ein arbeitsloser Werbetexter, der von japanischen Einwanderern abstammt, von seiner Heimatstadt São Paulo in sein Herkunftsland auf Spurensuche. In O Filho da Mãe („Dreihundert Brücken“) beschreibt Carvalho den Kampf russischer Soldatenmütter und das Los tschetschenischer Flüchtlinge. Seine letzten beiden Romane Reprodução und Simpatia pelo demônio sind bisher noch nicht auf Deutsch erschienen.

„Sie werden ein Terrain betreten, wo Wahrheit und Lüge nicht mehr das bedeuten, was Sie hierhergeführt hat.”

Bernardo Carvalho, Neun Nächte

Lesung: “Perspektiven und Identitäten“

Für den brasilianischen Journalisten, Bühnenautor und Schriftsteller Bernardo Carvalho ermöglicht „Literatur den Blick auf eine Welt, die wir noch nicht kennen, die wir noch nicht sehen oder nicht sehen wollen.“

Schon in seinem Debüt Aberração (1993), einer Sammlung von Kurzgeschichten, werden die Leitmotive seines literarischen Werks sichtbar: Geheimnisse, die es aufzudecken gilt, die Vergangenheit, die die Gegenwart duchdringt, Dichtung und Wahrheit, die untrennbar miteinander verbunden sind, das Spiel mit verschiedenen Perspektiven und Identitäten. In seinen folgenden elf Romanen spannt Carvalho sein fiktives Universum immer weiter und erhält zwei der renommiertesten Literaturpreise Brasiliens. In der daadgalerie wird Bernardo Carvalho Passagen aus seinem letzten Roman Simpatia pelo demônio lesen und mit dem Autor Rafael Cardoso über Literatur, ihr Heimatland Brasilien und ihr Leben in Berlin sprechen.

Lesung: Perspektiven und Identitäten

12. Dezember 2019, 19 Uhr
daadgalerie, Oranienstr. 161, 10969 Berlin

Bernardo Carvalho trifft Rafael Cardoso

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